Long swim oder Technik – so trainierst Du am effektivsten

Sind wir ehrlich: Trainingseinheiten in der Schwimmhalle sind absolut öde und auch die blühenden Seetangfelder beim Open-Water-Training verlieren doch recht schnell ihren optischen Reiz. Entschädigt beim langen Lauf oder bei vielen Kilometern im Sattel die Natur (wenn’s nicht gerade mal wieder regnet und stürmt), so ist der landschaftliche Abwechslungsreichtum im Wasser doch eher überschaubar.

Wenn man sich also bei nassen Einheiten schon auf das Wesentliche konzentrieren muss, das Training selber, dann lohnt sich doch allemal ein Blick darauf, wie man diese Sessions am sinnvollsten gestaltet. Gerade Triathleten tendieren nämlich zu einem von zwei Extremen: auf der einen Seite gibt es die extremen Dauerschwimmer, die bei jeder Einheit nichts anderes machen, als ihre zwei bis vier Kilometer in gleichbleibendem Tempo abzuspulen (vielfach auch über die gesamte Strecke mit Spielzeugunterstützung – argh). Das andere Extrem sind die Kollegen, die unabhängig von ihren Möglichkeiten mit einem Plan für die Einheit ins Schwimmbad marschieren, der länger ist, als die Monatseinkaufsliste einer vierköpfigen Familie. Im Zweifelsfall wurde dieser bei swim.de als Einheit der Woche heruntergeladen und dann wird dieser unabhängig vom eigenen Leistungsstand und den eigenen Fähigkeiten runtergeschwommen (oder es wird zumindest versucht). Gerne übersehen wird, dass dies Einheiten für Leistungsschwimmer ausgelegt sind, die im Allgemeinen einen ganz anderen Fokus als Triathleten haben (müssen) und zudem auch bei Triathleten nur ein Promilleanteil beim Schwimmen wirklich Spitzenleistungen vollbringen kann.

Bleibt also die Frage, was ist sinnvoll und was ist Kokolores und unnötige Spielerei.

Zugegeben, lange Dauereinheiten sind nicht wirklich unterhaltsam, aber ich würde sie jedem, der die Anfängerprobleme (siehe “Die drei wirklichen Anfängerfehler beim Kraulschwimmen”) halbwegs überwunden hat, wärmstens ans Herz legen. Die wenigsten Ausdauersportler dürften wirklich Probleme mit der eigentlichen Kondition haben, allerdings sehr wohl mit der beim Schwimmen benötigten Kraftausdauer, denn sowohl beim Laufen als auch beim Radfahren wird die fürs Schwimmen primär notwendige Muskulatur nicht wirklich trainiert – es sei denn, Ihr trainiert regelmäßig Läufe auf den Händen.

Jeder kennt es: Bei längerem Schwimmen brennt es dann ab und zu auch mal in den Oberarmen. Und die breiten Schultern, die man bei vielen Leistungsschwimmern beobachten kann, sind auch kein Ergebnis langer Radausfahrten (und hoffentlich auch nicht irgendwelcher illegaler Hormonpräparate). Es hilft also alles nichts, um längere Strecken in vernünftiger Zeit schwimmend (vornehmlich kraul-schwimmend) zurücklegen zu können, sollte neben der Technik auch die Kraftausdauer in der Oberarm- und Schultermuskulatur trainiert werden. Bei vielen, die dies nicht ausreichend trainiert haben, kann man beobachten, dass sich die Druckphase bereits nach wenigen hundert Metern in Wohlgefallen auflöst und die Körperspannung in sich zusammenbricht. Meistens sind dies dann auch die Spezis, die gerne die “kleingestückelten” Trainingspläne verwenden, da sich so das wirklich unangenehme und manchmal auf schmerzhafte Training vermeiden lässt.

Das soll nicht heißen, dass diese kleingestückelten Einheiten nicht sinnvoll wären. Hier verhält es sich aber analog zum Lauftraining: Intervalle sind auch erst sinnvoll, wenn ich es schaffe, wenigstens 60 Minuten am Stück zu laufen. Soll heißen, wenn die 1000m am Stück im Wasser nicht gehen, bringt es nichts, wenn ich versuche, durch Training mit vielen Pause und durch verschiedenste Schwimmlagen, die Einheit abwechslungsreicher zu machen. Als Triathlet ist mein primäres Ziel ja, nach der ersten Disziplin irgendwie aus dem Wasser zu steigen, und dafür muss die benötigte Distanz irgendwie bewältigt werden.

Kommen wir aber zurück zum Thema. Ich bin der Meinung, dass man regelmäßig längere Strecken ins Training einbauen sollte. Hierfür bieten sich folgende Formen an:

1000m-1500m Grundlagentempo mit Technikfokus: Hierbei sollte der Schwerpunkt darauf liegen, ein gleichmäßiges Tempo über die gesamte Distanz durchhalten zu können – im Zweifel ist es also sinnvoll, eher langsamer anzuschwimmen. Genauso wichtig ist es aber auch, sich darauf zu konzentrieren, dass die Technik BIS ZUM ENDE sauber ausgeführt werden kann und auch die Druckphase bis zur letzten Bahn gleichmäßig ausgeführt wird. Auch auf den letzten 200 Metern sollte man sich selber überprüfen, ob man technisch irgendwo was schleifen lässt oder die Arme nur noch durchs Wasser rutschen.

60 Minutes: Den allseits beliebten Stundentest kann man ruhig drei- bis viermal in den Vorbereitungs- und Grundlagentrainingsplan einbauen. Wichtig hierbei ist es, wirklich auch durchzuschwimmen – d.h. auch kleine Pausen vermeiden. Nach Möglichkeit sollte man, wenn es die Fähigkeiten erlauben, auch nur mit Rollwende arbeiten, da dies die minimalen Pausenzeiten am Beckenrand eliminiert. Neben der richtigen Krafteinteilung stärkt eine solche Einheit auch psychisch, da man ein Gespür dafür bekommt, welche Distanzen man tatsächlich zurücklegen kann.

Lange Intervalle mit aktiver Pause: Wenn es am Anfang noch nicht richtig mit den 1000m, 1500m, 2000m am Stück klappt, bieten sich auch lange Intervalle an. Zum Beispiel 3 * 500m mit jeweils 100m aktiver Pause (lockeres Rücken- oder Brustschwimmen). Ansonsten gilt auch hier: Augenmerk auf Technik und Ausführung und versuche, diese bis zum Ende auf hohem Niveau zu halten.

Achtung: neben dem eigentlich Kraftausdauer-Aspekt geht es unter anderem darum, für sich selbst die Erkenntnis zu gewinnen, auch lange Strecken am Stück durchhalten zu können. Das ist speziell in Hinblick auf ausstehendes Open Water Training und entsprechende Wettkämpfe wichtig.

Was aber spricht nun gegen die schon erwähnten “kleingehäckselte” Trainingspläne?

Erstmal nichts und für viele “Nur”-Schwimmer sind diese Pläne absolut super, da sie Training in unterschiedlichsten Lagen beinhalten, diverse Geschwindigkeitsvariationen und natürlich Technik-Training noch und nöcher.

Der richtige Fokus ist entscheidend!
Der richtige Fokus ist entscheidend!

Als Triathlet ist dies aber meistens nur bedingt wichtig, da der Fokus normalerweise nur auf einer Schwimmart liegt (nämlich Kraul), und das primäre Ziel immer ist, die benötigte Distanz möglichst effizient in der geringst möglichen Zeit zurückzulegen. Ihr müsst keine 50- oder 100m Sprinter sein, was nicht heißen soll, dass Ihr das nicht auch trainieren dürft! 15 * 100m oder 5 * 200m sind tolle Trainingsblöcke – aber auch hier gilt, es bringt Euch nur etwas, wenn Ihr die Distanzen auch so durchschwimmen könnt. Alles andere wäre ein Fokusverlust.

Euer Fokus als Triathlet sollte wie folgt ausgelegt sein:

  1. Strecke
  2. Effizienz
  3.  Zeit

Euer erstes Ziel ist es, die Strecke zu bewältigen. Alles andere führt zwangsweise zum Einsatz eines Mitgliedes einer lebensrettenden Gesellschaft und zur Beendigung des Wettkampftages und dies wollen vermutlich die Meisten unter allen Umständen vermeiden.

Danach sollte Ihr Euch Gedanken über die Effizienz machen, um mit möglichst wenig Kraftverlust Euer Schwimmziel zu erreichen. Es hilft ja alles nichts, wenn Ihr Euch durch den Tümpel quält und dann direkt vom Rad kippt, weil Ihr Euer gesamtes Pulver bereits im Wasser verschossen habt. Hier heißt es, Technik korrigieren und optimieren (siehe weiter unten).

Wenn Strecke und Effizienz keine Probleme mehr darstellen, dann könnt Ihr anfangen, an der Uhr zu drehen – und dann lassen sich die Trainingspläne auch bedeutend besser variieren.

Kommen wir zu den Technikblöcken. Hier gilt: Meistens habt Ihr keinen Trainer dabei, der Euch sagt, wo Eure technischen Schwächen sind und welche Technikübungen jetzt sinnvoll wären. Blind irgend etwas aus einem Plan runterzuschwimmen, ist eher ineffizient. Ich habe inzwischen zu viele Triathleten gesehen, die Bahn um Bahn mit ihrem Brettchen in den Händen ihre Beine trainieren und wenn es dann an die gesamte Lage geht, dümpeln die unteren Extremitäten einfach so ohne aktiven Einsatz mit – da kann man sich definitiv das Beintraining sparen oder zumindest minimieren.

Ergo: Sucht Euch sinnvolle Technikübungen, die zu Euren Bedürfnissen passen heraus anstatt irgend welche vorgegebenen Übungspläne abzuschwimmen. Im Zweifelsfall nehmt Euch alle paar Wochen mal eine Stunde bei einem guten Coach, der einen Blick auf Euren Stil wirft und Euch entsprechende Übungen empfiehlt und korrigierend eingreifen kann.

Mein allgemeiner Ratschlag für die meisten Trias bleibt: Wenn ihr keinen Coach habt, der aktiv Euer Training steuert oder Ihr nicht vom Schwimmen kommt, dann haltet Euer Schwimmtraining simpel.

Mit der guten alten Formel “Einschwimmen – Technikblock – Kraft- und/oder Ausdauerblock – Ausschwimmen” liegt ihr in den seltensten Fällen falsch. Schwimmt wirklich nur Einheiten, die Ihr auch schwimmen könnt und die sinnvoll sind. 15 * 100 mit Abgang alle 1:50 ist eine super Einheit, aber wenn Ihr nicht dauerhaft die 100m unter 1:35 schwimmen könnt, dann braucht Ihr das nicht anzufangen, weil Euch spätestens nach der Hälfte die Zeit oder die Kraft ausgeht. Dann ist es besser, noch etwas an der allgemeinen Kraftausdauer zu arbeiten, und sich solche Einheiten dafür aufzuheben, wenn Ihr es wirklich geschafft habt, die Fokus-Punkte 1 und 2 abzuhaken und Euch auf Eure Geschwindigkeit konzentrieren könnt.

Viel Erfolg beim Training

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